Schreiben im und für das Web
Kleine Unterschiede - große Wirkung

  
Meist wird über die "Macht der Worte" im Zusammenhang mit Rede, Dialog und Gespräch berichtet, gelehrt und auf deren Bedeutung hingewiesen. Die Schriftlichkeit geht dabei in der Fülle der Seminare, Weiterbildungsangebote und Bücher - zu Unrecht! - stets ein wenig unter.

Mit der Zunahme der eMedien hat nämlich das Schreiben einen mindestens ebenso hohen Stellenwert wie das Telefonieren oder das Reden erlangt - für manche Lebensbereiche, Branchen und Geschäftsfelder hat das Geschriebene mit Sicherheit sogar eine überproportionale Bedeutungszunahme erfahren.

Ein paar weiterführende Gedanken verdeutlichen diesen Sachverhalt - obwohl das in den Konsequenzen eigenartigerweise kaum jemand in der Praxis "so richtig wahrhaben will" - man muss nicht Sigmund Freud heissen, um dafür eine klassische "Verdrängung" zu diagnostizieren.

Wie und für welche Bereiche ist also das Schreiben wichtig? Warum soll es wichtiger sein als jemals zuvor?

Mehr darüber im nächsten Abschnitt.

Erstes Beispiel: Privatpersonen

Es braucht keine große Marktforschung oder lange, wissenschaftliche Erhebungen, um folgendes nachzuweisen und dann auch zu glauben: noch nie in der Geschichte haben mehr Menschen geschrieben, als dies heute der Fall ist!

Während ganz in den geschichtlichen Anfängen ohnhin nur wenige Gelehrte überhaupt des Schreibens mächtig waren, wurde diese Fähigkeit erst nach und nach durch Schulbildung einer breiteren Schicht zugänglich. Aus vielerlei Gründen - die hier aber zu weit führen würden - blieb das Briefeschreiben bis heute stets ein Privileg einer kleinen (Ober-)Schicht.

Heute gibt es tausende und abertausende von privaten Webseiten, zig-tausende Newsletter zu beinahe jedem Fachgebiet, Blogs (das sind quasi Online-Tagebücher) von bislang unbekannten Menschen erreichen Leserzahlen, von denen die größten Printmedien nur träumen konnten - das alles spielt hier und heute. Und es spielt in der Schriftform!

Im antiken Griechenland hätten Sie sich noch persönlich auf die "Polis" - dem Marktplatz - zu einer Rede einfinden müssen, um Vergleichbares zu leisten.

Oder nehmen Sie einfach mal Ihren persönlichen Bekanntenkreis!
Wer von den Menschen, die Ihnen einfallen, hat Ihnen regelmäßig Briefe geschrieben?
Wieviele Bekannte haben sich regelmäßig bei Ihnen in geschriebener Form gemeldet?
Die zwanghaft versendeten, einmal-jährlichen Urlaubsgrüße und das teils-vorgedruckte Geburtstagsbillet sind davon natürlich ausgenommen..

Auch wenn Sie Ihre eigene Mailbox und Ihren Postkasten heute betrachten, dann haben Sie im Regelfall deutlich mehr geschriebene Post als jemals in Ihrem Leben zuvor!



Zweites Beispiel: Organisationen

Setzen wir voraus, dass es für Firmen und Organisationen zum Dasein existenziell dazugehört, mit Kunden, Lieferanten, der externen Öffentlichkeit ("PR") aber nach innen mit den eigenen Mitabeitern zu kommunizieren.

Auch bei Organisationen wurden und werden Betriebsversammlungen mit persönlicher Anwesenheit, Ansprachen des Vorstands an die Belegschaft immer weiter durch eMail, interne Rundbriefe, Memos u.a. zurückgedrängt. Zeitlich vorgelagert zeugten schon die vielen Plakate und Aushänge in den Kantinen, die Betriebszeitungen und die Verlautbarungen an den "schwarzen Brettern" von einem Wandel, in dem die persönliche und verbale Form der Kommunikation durch eine schriftliche Form verdrängt wurde.

Die heutigen, technischen Möglichkeiten der internen "eMail an alle", die Moderation eines Forums oder schlichte Informations-Ordner auf einem gemeinsamen Netzwerk sind nur andere Facetten desselben Phänomens im Innenbereich.

Nach aussen kann man den Beginn desselben Spiel einfach festlegen: es begann - auf einer breiten Basis! - mit dem Zeitpunkt der Entdeckung der Serienbrief-Funktion im Windows-Programms "Word".

Abwandlungen des "schwarzen Bretts" und hie und da leichte, im Grunde aber unwesentliche Abweichungen finden sich heute in "Newslettern", offenen oder geschlossenen Kundenbereichen im Web und bei den vielen Werbebriefen. Alles Anzeichen für ein Phänomen: die Zunahme und Verdichtung der schriftlichen Korrespondenz geht zumindest unvermindert, wahrscheinlich aber sogar noch mehr beschleunigt weiter!





Und unsere Ausbildung: das Schreiben von Aufsätzen ...

Schreiben haben wir gelernt. Und reden natürlich auch.

Sowohl für das Reden als auch das Schreiben verweisen wir - sofern wir nicht spezifische Kurse nachbelegt haben - bis zum Lebensende auf unsere Schulausbildung. Aber reicht das aus?

Die Basis der Grammatik, der Wortschatz, die richtigen Zeit- und Fallbildungen - das alles ist in der Tat unentbehrliche Grundausrüstung und wichtiges Basiswerkszeug.

Ausreichend ist das alles aber meiner Meinung nach aus mehreren Gründen nicht oder nur mit gravierenden Einschränkungen.

Erstens, weil ganz spezifische Medien (etwa Brief, Memo, Fax, eMail, Kolumne, Bericht, ...) auch ganz spezifische Eigenheiten haben. Und im Laufe eines Lebens ändern sich diese Medien erheblich.

Zweitens halte ich es nicht für ausreichend, weil in unserer allgemeinen Ausbildung die Lehrer mit dem Tempo und den Eigenheiten dieser neuen Medien nicht mithalten - schlichtweg auch nicht mithalten können. Ein Satz zur Ehrenrettung der Lehrer: ich halte es auch nicht als deren Aufgabe, für die Allgemeinbildung mehr als die Grundzüge der deutschen Sprache zu vermitteln - die allerdings perfekt!

Der dritte und wesentlichste Punkt, warum das Schulwissen um das Lesen und Schreiben nicht ausreichen kann: Sprache und Wortschatz prägen unsere Wahrnehmung. Und umgekehrt passiert dasselbe.

Wenn wir aber viele unserer Erfahrungen, viele Bücher, viele Gespräche und viele Reden erst nach der Grundausbildung an der Schule erhalten, dann müssen wir uns dieses neue Wissen eben auch erst nachher und selbstverantwortlich (im Idealfall fachkundig begleitet) aneignen.

Denn wenn wir bei unserem "Nach"-Lernen nicht sorgfältig und ehrlich bemüht sind, dann bleibt unser Schreibstil auf einer kindlichen Schul-Stufe stehen. Und tatsächlich gibt es haufenweise Korrespondenz, die eher kindlich-amüsant denn erwachsend-ergreifend ist.

Über die möglichen Auswirkungen eines Schreib-Mankos lesen Sie nächsten Monat!



Die unerwünschten Auswirkungen

So wie schlecht geführte Gespräche haben auch schlecht geschriebene Briefe, Artikel, Newsletter, Memos u.a.m. unerwünschte Auswirkungen.

Zugegeben: es ist nicht für jedes Thema und alle Fragen, für alle Produkte und jede Dienstleistung gleichermaßen einfach, sie erfolgreich in Worte zu packen.

Und man darf auch nicht einen (unfairen) Extremvergleich zwischen einem äußerst schlecht geschriebenen Text für ein ziemlich uninteressantes Produkt einerseits und einem brillianten Text für eine top-intressante Dienstleistung andererseits anstellen.

Aber ich möchte an einem praktischen und dokumentierten Beispiel zeigen, dass manchmal auch kleine Unterscheide langfristig beachtliche Auswirkungen haben können.

Bildlich und zahlenmäßig erfaßbar

Die beiden Grafiken beziehen sich auf zwei Anzeigen in einem fremden Newsletter. Es sind die mir überlassenen Auswertungen zweier Kampagnen. Neben mehreren anderen Links wurde darin auch von Topos jeweils ein Kurz-Text (3-4 Zeilen) geschrieben. Erschienen sind die Texte zeitlich versetzt und beide Male mit verschiedenen Texten und auch für verschiedene Inhalte.

Die Grafiken zeigen die Anzahl der Klicks auf die einzelnen Texte bzw.Links:

Wenn Sie die Ergebnisse Ihres Schreibstils so als Grafik vor sich sehen haben, dann bedarf es keiner langen Erläuterungen.

Wenn Sie zudem noch der Auftraggeber eines bestimmten Textes sind und - je nachdem ob Sie bei einem guten oder schlechten Schreiber landen - für die Arbeit bezahlen müssen, dann schätzen Sie der Kunst des Schreibens plötzlich ganz anders ein.

Aber auch so ist auch einsichtig, dass Sie im Laufe der Jahre hunderte oder eben mehrere tausend Kunden positiv ansprechen oder im schlechteren Fall erst gar nicht erreichen.

Ich wollte Sie aber mit diesen Fakten nicht verunsichern. Wenn Sie bei Ihrem Schreibstil bleiben möchten, ist das kein Problem - Sie müssen nur mit den Ergebnissen und den Konsequenzen zufrieden sein.

Denn im Positiven wie im Negativen gesehen - es sind letzendlich ja immer nur Worte ....






 



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