EGMONT

Johann Wolfgang von Goethe



 


.........

Egmont:

So drückt ein Freund,
der lang unsre Hand gehalten,
sie stärker noch einmal,
wenn er sie lassen will.

Sekretär:

Verzeiht mir,
es wird dem Fußgänger schwindlig,
der einen Mann mit rasselnder Eile daherfahren sieht.

Egmont:

Kind! Kind! nicht weiter.
Wie von unsichtbaren Geistern gepeitscht,
gehen die Sonnenpferde der Zeit
mit unsers Schicksals leichtem Wagen durch;
und uns bleibt nichts,
als mutig gefaßt
die Zügel festzuhalten,
und bald rechts, bald links,
vom Steine hier, vom Sturze da,
die Räder wegzulenken.
Wohin es geht, wer weiß es?
Erinnert er sich doch kaum, woher er kam.

Sekretär:

Herr! Herr!

Egmont:

Ich stehe hoch,
und kann und muß noch höher steigen;
ich fühle mir Hoffnung, Mut und Kraft.
Noch hab ich meines Wachstums Gipfel nicht erreicht;
und steh ich droben einst,
so will ich fest, nicht ängstlich stehn.
Soll ich fallen, so mag ein Donnerschlag,
ein Sturmwind,
ja ein selbst verfehlter Schritt
mich abwärts in die Tiefe stürzen;
da lieg ich mit viel Tausenden.
Ich habe nie verschmäht,
mit meinen guten Kriegsgesellen
um kleinen Gewinst das blutige Los zu werfen;
und sollt' ich knickern,
wenns um den ganzen freien Wert des Lebens geht?